-Ing. Dr. Bernhard Geringer ist Dekan der Fakultät für
Maschinenwesen und Betriebswissenschaften an der TU Wien. Er gilt
international als einer der renommiertesten Experten für Fahrzeug-und
Motorentechnik.
Das Jahr 2020 rückt näher -und damit die Verpflichtung, die CO
2-Emissionen der Pkws weiter drastisch zu senken, wenn man als
Hersteller nicht Strafsteuern bezahlen möchte. Es zeigt sich, dass
keine "Erlösungstechnik" helfen wird, das Gesetz zu erfüllen, sondern
nur ein Portfolio an technischen Maßnahmen. Klar bevorteilt sind
elektrische Antriebe, da deren Energie einfach mit Null in die CO
2-Bewertung eingeht.
Per se wären also reine E-Antriebe die Lösung aus gesetzgebender
Sicht -egal, wie der Strom erzeugt wird und wie viel an CO 2 dabei
auch entsteht. Siehe die Problematik mit alten fossilen Kraftwerken!
Es zeigt sich aktuell aber auch, dass der Kunde aufgrund der hohen
Kosten und der unzureichenden Reichweite nicht bereit ist, den reinen
E-Antrieb anzunehmen. Derzeit sind die weltweiten
Batteriefertigungskapazitäten etwa viermal höher als der reale Bedarf
für Fahrzeuge. Wie kann also die Lösung aussehen?
Von Leichtbau bis zu "Null-Emmission"
Der 2020 geforderte Flottenmittelwert von 95 Gramm CO 2-Ausstoß pro
Kilometer (das entspricht einem Verbrauch von knapp 4 Liter Sprit auf
100 Kilometer) kann bei kleineren Fahrzeugen durch ein Gesamtpaket an
Maßnahmen bei Motor, Antriebsstrang und Gesamtfahrzeug erreicht
werden Schon jetzt gibt es Werte unter 90, ja teilweise sogar 85
Gramm. Neue Leichtlaufreifen helfen entscheidend mit und neue
Beschichtungstechniken im Lagerbereich des Antriebsstranges können
Verbesserungen bringen, die vor einigen Jahren noch als unmöglich
galten. Zudem helfen Gewichtsreduktionen durch höherwertige
Werkstoffe bis hin zu Leichtmetallen und Verbundwerkstoffen.
Diese Technologien reichen für Oberklasse und SUV aber bei Weitem
nicht. Gesamtmasse und Luftwiderstand sind zu hoch. Deshalb kommt die
Elektrifizierung hinzu. Beginnend beim einfachen Bordstromgenerator,
der auch rekuperiert, oder dem Start-Stopp-System sowie elektrischen
Nebenaggregaten wie Wasserpumpe, Ölpumpe oder elektrische Lenkung
kommen vermehrt elektrische Fahrantriebsteile in Form eines "Mild
Hybrid" oder sogar "Full Hybrid"(bei deutlich erhöhten
Herstellkosten) zum Einsatz. Damit können weitere Einsparungen im
Testzyklus bis über 20 Prozent realisiert werden.
Wenn dies noch immer nicht reicht, kommt man um die Verwendung von
Strom aus dem Netz nicht umhin: Mit "Plugin Hybrids" können die
zyklusrelevanten CO 2-Werte halbiert werden, sofern die
Batteriekapazität eine Reichweite von mindestens 25 Kilometern
ermöglicht. Auch mit Oberklassefahrzeugen werden CO 2-Emissionen weit
unter 50 Gramm pro Kilometer erreichbar. Noch weitere Senkungen sind
über Reichweitenerhöhungen("Range Extender"), reine
Batteriefahrzeuge bzw. auch den Brennstoffzellenantrieb bis hin zu
Null erreichbar.
Teurer Fortschritt
Wo liegt also das Problem? Die Antwort: in den Kosten solcher
Antriebe mit Strom aus dem Netz und damit in der Kaufbereitschaft der
Kunden. Bereits heute sind für Hybride Aufpreise von 7.000 bis 8.000
Euro zum vergleichbaren Basismodell zu bezahlen, für Plugins kommt
man auf Mehrpreise von 9.000 Euro aufwärts. Reine E-Fahrzeuge können
eine Verdoppelung des Kaufpreises ergeben. Von
Brennstoffzellenfahrzeugen gar nicht zu reden. Der ambitionierte
Erstanlauf eines Herstellers musste erst vor wenigen Wochen auf
unbestimmte Zeit -wegen der Kosten -verschoben werden.
Technologische Vielfalt
Somit ergibt sich für die nächsten Jahre ein wirklich buntes Bild an
Technologien: Die Masse werden nach wie vor verbesserte
verbrennungsmotorische Antriebe ausmachen. Ab der mittleren
Fahrzeugklasse und insbesondere in der Oberklasse und den
geländegängigen Fahrzeugtypen wird die schrittweise Elektrifizierung
Einzug halten. Daraus folgt die auch schon bisher geübte Praxis, dass
neue Techniken von der Oberklasse langsam in die unteren Klassen
kommen werden. Der Ökologie tut es langfristig gut. Ob der starke
zeitliche Druck nützlich ist für die europäische
Wirtschaftslandschaft, wird erst die Geschichtezeigen.